
Die perfekte Person existiert nicht. Das sagen alle. Immer. Andauernd. Und wenn man drüber nachdenkt, dann klingt das doch auch plausibel. Wie soll eine Person bitte perfekt sein?! So alles in allem. Natürlich gibt es Personen, bei denen man sich denkt „Wow!“. Man findet noch nicht einmal die richtigen Worte um diese Person passend zu beschreiben, weil sie in diesem Moment so perfekt erscheint. Aber das war es dann auch. Es war einfach der Moment und der Schein. Im nächsten Moment fällt einem dann der hochnäsige Blick auf, den die Person hat, wenn sie zurechtgewiesen wird. Oder die abgeknabberten Nägel. Oder wie sie einfach nicht die Beine still halten kann. Und irgendwie ist das doch auch beruhigend. Das niemand für immer perfekt sein kann. Irgendwann macht jeder mal einen Fehler. Jeder rutscht mal in ein schlechtes Licht. Irgendwann kommen schlechte Angewohnheiten hervor. Oder Makel, die in keinster Weise perfekt sind. Und ich will diesem Bild auch gar nicht widersprechen. Vor einiger Zeit hatte C&A (oder war es H&M? Ich weiß es nicht mehr) in ihrem Schaufenster den Spruch „perfect imperfect“ stehen. Und das liest man auch häufiger. „Du bist durch deine Fehler perfekt.“ „Weil du nicht perfekt bist, macht dich das perfekt.“
Und hier fällt auf, auch wenn es keiner direkt ausspricht. Alles was wir wollen ist perfekt sein. Vielleicht nicht alle und nicht zu jeder Zeit. Dennoch ist es ein Wunsch, der sich tief in unseres Inneres gebrannt hat. Perfekt erscheinen. Und selbst wenn wir das nur dann sind, wenn wir zugeben dass wir nicht perfekt sein können. Selbst wenn wir darüber diskutieren müssen und es viral gehen lassen müssen. Oder vielleicht gerade deswegen. Damit jeder weiß „Hey. Ich bin perfekt. Gerade weil ich nicht perfekt bin. Und das ist wichtig. Das ist gut so.“ Und ich finde diese Denkweise sehr schön. Ich bewunder es, dass es Menschen gibt, die sich damit befassen und sich dann anfangen selber als perfekt anzusehen und sich zu lieben. Weil sie sich damit abgefunden haben, dass sie nie in den Augen der anderen als perfekt dastehen können. Und selbst wenn, sie dem prüfenden Blick der Gesellschaft stand halten können. Den eigenen Erwartungen, werden sie nie gerecht. Und deshalb ist es auch nicht schlimm, wenn sie nicht die ganze Zeit perfekt sind und wenn sie dafür kämpfen müssen. Sie haben beschlossen sich selber als perfekt anzusehen. Und ist das nicht unglaublich?! Shout out, zu jedem der das tut und der das durchzieht.

Für mich hat das Motto „Perfect imperfect“ mittlerweile eine andere Bedeutung. Ich behaupte nämlich, dass es die perfekte Person gibt. Wenigstens die eine perfekte Person in den Augen einer einzelnen Person. Ich glaube, dass diese Menschen nicht durch und durch perfekt sind. Aber sie sehen sich selber als perfekt und sie erscheinen nicht perfekt – wenigstens nicht auf den ersten Blick – aber wenn man genauer hinschaut dann sind sie es. Ist euch aufgefallen, dass die meisten Protagonisten so ziemlich das Gegenteil von perfekt sind? Sie haben so viele Makel und sie machen so viele Dinge falsch. Sie sind uns so ähnlich. So menschlich. Deswegen verstehen wir sie so gut. Wir können uns in sie hineinversetzten. Sie nachvollziehen. Wir fühlen mit ihnen. Leiden, lieben und sind traurig, wenn wir ganz plötzlich bei der letzten Seite des Buches angekommen sind und Abschied nehmen müssen. In Gedanken versprechen wir, weiterhin an sie zu denken, sie in unsere Gedanken zu verankern und das Buch eines Tages nochmal zu lesen. In Erinnerung an die schönen und traurigen Zeiten, die wir mit ihnen geteilt haben. Es ist als würden wir von einer geliebten Person Abschied nehmen. Und in einer gewissen Art stimmt das ja auch. Wir haben sie lieben gelernt. Und erkannt wie perfekt sie sind.
Und diese Menschen sind perfekt. Gerade weil sie so menschlich sind. Weil sie so imperfekt sind. Weil wir uns in ihnen wieder erkennen. Und das geht über das typische süße tollpatschig sein hinaus. Wenn der Protagonist, nie den letzten Schluck seines Getränkes trinkt, er nur zur halben oder vollen Stunde aufsteht und er vor der ersten Tasse Kaffee unausstehlich ist. Das macht diese Menschen so bezaubernd. Diese Ticks sind nichts Perfektes. In keinster Weise. Aber irgendwie haben diese Ticks etwas so schönes. So hinreißendes. Es sagt so viel über die Persönlichkeit dieser Person aus. Es flüstert dir leise Geheimnisse zu, die du nur erkennen wirst, wenn du genau hinschaust. Diese Dinge sind versteckt. Du musst erst die Augen öffnen und ganz genau hinsehen, bevor du sie entdeckst. Wenn die Person ihre Fußspitzen beim Stehen immer zueinander wendet. Bei keinem Lied still zuhören kann, sondern gleich mitsingen muss. Oder wenn sie von jedem Bilder macht und selbst auf keinem drauf ist. Sind diese Angewohnheiten nicht wunderschön? Können wir durch sie, diesen Menschen nicht auf eine ganz andere, geheimnisvolle Art kennen lernen? Machen nicht gerade diese kleinen perfekten Makel und Ticks, diese Person so perfekt? Und das ist genau das was ich meine. Natürliche ist jeder Mensch so wundervoll wie er ist. Aber es gibt Makel, die eine Person so viel besser erscheinen lassen als andere. Es gibt perfekte Makel. Sie sind nicht für jeden perfekt. Das ist gar nicht möglich. Aber für dich wird diese Person perfekt erscheinen. Du wirst sie anschauen, mit diesen ganzen Ticks und Merkwürdigkeiten und dir denken „Was zur Hölle! Wie kann diese Person nur so perfekt sein!“ Und du schaust sie an, siehst ihre merkwürdigen Angewohnheiten, die sie tut. Und in deinen Augen, wir dieser Mensch perfekter und perfekter. Und dabei ist es unwichtig ob du diese Person persönlich kennst, oder nur ab und zu mal beobachtest. Sie ist einfach perfekt. In deinen Augen. Und das ist alles was zählt.